Marsilius de Inghen Marsilius de Ingen, Marsilius de Novimagio, Marsilius Ingenuus
Biographische Daten:
- Zwischen 1335 und 1340
Geboren in oder bei Nijmegen. (Provinz Geldern, Niederlande); "Inghen" bezeichnet wohl den Namen der Familie, nicht des Herkunftsortes. - Ab ca. 1360
Studium wahrscheinlich in Paris unter Iohannes Buridan. - 27. September 1362
Inauguralvorlesung als "Magister Artium" vor der Natio anglicana unter dem Magisterium des Wilhelm Buser († 1413). Aus der Zeit als Lehrer an der Artistenfakultät (1362-1378) stammen eine stattliche Reihe von ziemlich umfangreichen Werken,in der Hauptsache Kommentare zu Aristoteles-Schriften, vornehmlich aus dem Gebiet der Logik und der Naturphilosophie. Diese wurden später teilweise zu Standardlehrbüchern an den europäischen Universitäten (in Salamanca hieß der im Spätmittelalter häufig zu findende Lehrstuhl für die nominalistische Lehrrichtung "cathedra Marsiliana"). In diesen erweist er sich weitgehend als ein treuer Schüler des Buridanischen (nicht des Ockham'schen!) Nominalismus. Aber das gilt nur bis zu einem gewissen Grade: Manchmal folgt Marsilius "seinem Lehrer", wie er Buridan ausdrücklich bezeichnet, sogar wörtlich; andererseits schließt etwa seine Impetustheorie eher an Franciscus von Marchia als an Buridan an. - 27. November 1362
Erbittet im rotulus ein Kanonikat in St. Severin in Köln, das er auch erhält. - 26. Juni 1363
Wird vertretungsweise in das Amt des Prokurators der Natio anglicana gewählt - 1. April 1364
Wird für fast ein Jahr in das Amt des Receptors der Natio anglicana gewählt; er ist damit Verantwortlich für die exakte Erhebung der Studiengebühren. - Ab 1366
Studium der Theologie. - Ab 11. Oktober 1367
Rektor in Paris. Ein Rektorat voll der "Mühen und Kosten", wie es in den Akten heißt [vgl. Hoenen et al., p. XVIII]. - 1369
Als Mitglied der Delegation, die den rotulus der päpstlichen Kurie überbringt, reist er im Auftrag der Pariser Universität nach Avignon. - 29. Mai 1369
Papst Urban V. († 1370) sagt Marsilius eine Domherrenpfründe in Münster zu. - 13. Juli 1369
Ruf auf einen Arteslehrstuhl der Universität Montpellier durch Papst Urban V. Trotz sehr günstiger Konditionen lehnt Marsilius ab. - 24. Juni 1371
Erneut Rektor in Paris. Diesmal heißt es in den Akten, daß dieses Rektorat mit "Mühen und Kosten, doch nicht so viel und so aufwendig wie zuvor" gewesen sei [vgl. Hoenen et al., p. XVIII]. - 1373 - 1375
Repräsentant der Universität am päpstlichen Hof in Avignon. - 2. Juni 1373
Zum zweiten Mal Prokurator der Natio anglicana. - 23. Sept. 1374
Zum dritten Mal Prokurator der Natio anglicana. - 24. Sept. 1375
Zum vierten Mal Prokurator der Natio anglicana. - Mai 1377 - 1378
Er gehörte zu den Begleitern auf der Reise Papst Gregors XI. nach Rom mit langem Aufenthalt (bis mindestens November 1377) in Avignon. Er ist dann 1378 in Rom, als mit der Wahl Urbans VI. das Große Schisma beginnt. Marsilius ergreift zwar nicht eindeutig Partei, doch läßt sein Verbleiben am päpstlichen Hof in Tivoli wohl darauf schließen, daß ihm Urban als rechtmäßiger Papst erscheint. - 1378 - 1385
Wo sich Marsilius zwischen dem Ende der Delegationsreise und dem Beginn seines Rektorats an der Universität Heidelberg aufhält, ist weitgehend unbekannt. Möglicherweise befindet er sich an der Universität Pavia oder im Zisterzienserkloster Eberbach, doch dies ist keineswegs gesichert. - 1382
Besuch in Nijmegen, der belegt ist [vgl. Hoenen et al., p. XXI]. - 29. Juni 1386
Marsilius wird durch den Kurfürsten Ruprecht I. († 1390) zu seinem "Pfaffen" und Rat berufen und mit dem Aufbau der Universität Heidelberg beauftragt, deren Gründung am 26. Juni im Hofrat beschlossen worden war. - 19. Okt. 1386
Erste Vorlesung des Marsilius an der neugegründeten Universität Heidelberg über die Logik. - 17. Nov. 1386
Wird als erster Rektor der Universität Heidelberg gewählt. - Dez. 1387
Zweites Rektorat in Heidelberg. - Nov. 1388
Interimsrektor der Universität Heidelberg, da viele Magister und Scholaren, darunter auch der amtierende Rektor Magister Berthold Suderdick, aufgrund der Verwüstungskriege im deutschen Südwesten, die zwischen Fürsten und Städten in den Jahren 1388 und 1389 tobten, nach Köln an die neu gegründete Universität übersiedelten. - Dez. 1388
Marsilius wird ordentlich für die nächste Amtsperiode zum Rektor gewählt. - 1389-90
Überbringt den rotulus der Universität Heidelberg der Kurie des Papstes Bonifaz IX. († 1404) in Rom, der für ihn das legitime Oberhaupt der ganzen Kirche ist. - 1389 - 1392
Wird wiederholte Male zum Rektor der Universität Heidelberg gewählt. - 1391
Dekan der Artistenfakultät in Heidelberg. - 1391
Vize-Kanzler in Heidelberg. - Juni 1393
Baccalaureus theologiae. - Nov. 1394
Baccalaureus formatus. - zwischen Juni 1395 und Juni 1396
Wird zum ersten Doktor der Theologie in Heidelberg promoviert.
Als Theologe hat er einen umfänglichen Sentenzenkommentar hinterlassen. Darin vertritt er einerseits die typisch nominalistische Form der Lehre von der Allmacht Gottes und der radikalen Kontingenz seiner Geschöpfe, andererseits nimmt er wieder die thomasische Bestimmung der Theologie als einer theoretischen Wissenschaft auf. - 23. Juni 1396
Nach Abschaffung des Rektorenprivilegs der Artistenfakultät am 15. Juni 1393 wird Marsilius nach neuem Recht als Doktor der Theologie in das 34. Rektorat der Universität gewählt. - 20. Aug. 1396
Gestorben in Heidelberg im Amt des Rektors.
Seine stattliche Privatbibliothek (237 Werke), die größte uns bekannte im 14. Jhdt. in Deutschland, hat er seiner Universität vermacht, die sie ihrer Universitätsbibliothek einverleibte. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde diese Bibliotheka Palatina dann inklusive der noch erhaltenen Bücher aus der ehemaligen Privatbibliothek des Marsilius nach Rom verbracht, wo sie unter der Signatur Vat. Pal. lat. aufbewahrt wird.
Bibliographie:
- Hoenen, Maarten J. F. M. / Santos Noya, Manuel / Schulze, Manfred: "Einleitung", in: Marsilius von Inghen. Quaestiones super quattuor libros sententiarum, hrsg. v. Georg Wieland et. al., Band I: Super primum Quaestiones 1-7, bearb. v. Manuel Santos Noya, Leiden/Boston/Köln 2000 [Studies in the History of Christian Thought, Volume LXXXVII].
- Lohr, Charles: Medieval Latin Aristotle Commentaries, in: Traditio 27 (1971), 251-351.
Allgemeine Notizen zu allen Werken:
Werkverzeichnis: vgl. Ritter, S.186-192 (Handschriften), S.192-19. (Drucke); Bos (1983) S.11-16. Marsilius kann neben Nikolaus von Oresme und Albert von Sachsen als ein Schüler des Johannes Buridanus gelten, welcher der einflußreiche Begründer einer logisch-empirischen Naturphilosophie in Paris war (neben der mathematisierenden, die von Thomas Bradwardine und seinem Schülerkreis am Merton-College in Oxford begründet wurde). Marsilius hatte an der Pariser Universität einen glänzenden Lehrerfolg, es mußten ihm stets die größten Hörsäle eingeräumt werden; zugleich wurde ihm fast jedes Amt übertragen.
Werkliste:
nicht datiert | + | Commentum in primum et quartum tractatum Petri Hispani Synonym: Commentum emendatum et correctum in primum et quartum tractatum Petri Hyspani Et super tractatibus Marsilii de Suppositionibus, am, Commentum in I. et IV. tractatus Summularum logicalium Petri Hispani, Commentum novum in primum et quartum tractatus Petri Hispani com commento parvorum logicalium Marsilii; |
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